Kommentar: Offenbar kommt jetzt der nächste Schritt in der verhängnisvollen Entwicklung, die unser Land seit geraumer Zeit durchmacht. Es wird nun infrage gestellt, dass unsere Lebensweise, unsere Sitten, Gebräuche und Ansichten, als Leitkultur allgemein gültig sind. Es soll eine neue Gesellschaftsordnung etabliert werden, in der die kulturellen Ansichten der Muslime in die Lebensweise der Gesamtbevölkerung Eingang finden. Es wird uns faktisch eine neue Lebensweise aufgezwungen, ob wir das wollen oder nicht. Der Horror nimmt keine Ende…
Kanzleramtsminister Altmeier hat es en passant ausgeplaudert: unsere emanzipatorischen Errungenschaften gelten nicht mehr, sondern nur noch das, was nach Verhandlungen mit Migranten „am runden Tisch“ übrigbleibt. Nach seinem launigen Beispiel soll es mir als Frau zwar zukünftig noch erlaubt sein, meine Fingernägel zu lackieren, aber in der Öffentlichkeit hätte ich Kopftuch zu tragen.
Nein, so deutlich hat er das nicht gesagt, aber genau das steckt in den verklausulierten Textbausteinen, die Altmeier am Dienstagabend auf Einladung des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW und des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung von sich gegeben hat. Für aufmerksame Beobachter sind die Sätze allerdings nicht überraschend. Sinngemäß steht das im, „Impulspapier der Migrant*innen- Organisationen zur Teilhabe an der Einwanderungsgesellschaft“, das im November letzten Jahres anlässlich eines Gipfels mit „Migrant*innen-Organisationen im Kanzleramt im Beisein von Kanzlerin Merkel vorgestellt wurde. Die Forderungen in diesem Papier laufen auf eine Abschaffung der alten Bundesrepublik hinaus.
Von Integration ist in diesem Papier nicht mehr die Rede, nur noch von „interkultureller Öffnung“ der Gesellschaft und ihrer Organisationen und Institutionen. „So wird Teilhabe von Individuen, Bevölkerungsgruppen und Organisationen an Entscheidungs- und Willensbildungsprozessen strukturell verankert als Teilhabe am Haben und am Sagen. Vielfältige interkulturelle Perspektiven werden von vornherein stärker einbezogen. Dadurch können Zugangsbarrieren für Menschen mit Einwanderungsgeschichte abgebaut und Dienstleistungen diskriminierungsfrei, kultursensibel und effektiver angeboten werden.“ So würden „Verteilungskämpfe“ zwischen denen, die immer da waren und denen, die neu hinzukommen, verhindert.
Staatsministerin Aydan Özoğuz hatte es kurz zuvor, am 21. September 2016, in einem „Strategiepapier“ bereits auf den Punkt gebracht: „Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein. Unser Zusammenleben muss täglich neu ausgehandelt werden.“